Berliner Mosaik Connection

Die Digedags und Erfindungen

Die Buchausgabe war ursprünglich mit der Amerikaserie begonnen worden, und für die weiteren Storybögen behielt man zunächst eine fortlaufende Nummerierung bei, weshalb die Erfinderserie mit Band 14 beginnt. Zwischendurch fehlen meist einige Originalnummern, weil in diesen Weltraumabenteuer geschildert wurden.

Digedags 14
Band 14
Das Eierkarussell
Mosaik 35,45-47
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Neos - Rußland - Altägypten (Rezension von nachtwindhund)
Der erste Band der Erfinderserie läßt bereits erkennen,das aus der Reihe mehrere Hefte ausgegliedert wurden. Da diese, die die Weltraumreise der Digedags mit einer neonischen Expedition schildern und die Entwicklung des Lebens verfolgen, nicht als Sammelbände, sondern nur als teure Einzelhefte erhältlich sind, ist klar, daß dem Verlag weniger an einer plausiblen Neuzusammenstellung als am Gewinn gelegen war. Auf Mosaik 35, „Die große Flugschau", folgen hier also die Hefte 45-47 ("Ziolkowski weist den Weg", „Erfindungen nicht gefragt" und „Keine Sklaven für den König"). Das Prinzip der Neuzeichnung der Hefteinbände - kein besonders glücklicher Gedanke - wird hier zum Teil weiter betrieben.
Daß die beiden verbliebenen Digedags nun von Abenteuern erzählen, die sie weit nach ihrer Entführung ins All erlebt haben müßten - mehr als anderthalb Jahrtausende, wiewohl die Entführung noch gar nicht lange zurücklag - tut dem Charme der Serie keinen Abbruch.
Durch Begegnungen mit dem frühen Raketentheoretiker Ziolkowski, mit den Erfindern Heron von Alexandria und Ktesibios im alten Ägypten macht der Leser unkomplizierte Bekanntschaft mit bedeutenden Erfindungen und deren Schöpfern,insbesondere die Entwicklung der Dampfkraft wird von nun an eine wichtige Rolle in den Mosaiks spielen.
Eigenartigerweise ist die zeichnerische Darstellung in den Folgebänden weit weniger gediegen als noch hier im Band 14 - eine Durststrecke vor dem dann hervorragenden Niveau der letzten Bände. Wem die alten Originalhefte fehlen, kann also hier noch zuschlagen, muß sich aber an die geänderte Reihenfolge gewöhnen.
Digedags 15
Band 15
Die verhexten Fässer
Mosaik 48-50,53
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Schwächeres Intermezzo (Rezension von nachtwindhund)
Einfallsreichtum und Lust am detaillierten Zeichnen erleben in diesem Mosaik-Sammelband nicht gerade einen Höhepunkt - namentlich in den ersten drei Heften (Nr.48-50, nämlich „Der Silberschatz in der Bärenhöhle", „Silbergrube „Letzte Hoffnung"" und „Das letzte Fest").
Die Geschichten spielen im Erzgebirge des beginnenden 16ten Jahrhunderts, das ist aber schon fast alles an näherer Bestimmung. Bei allen Wirrnissen, die die Digedags erst als Silberschürfer, dann als Fuhrleute und als Gaukler erleben, ist die Erzählweise doch recht simpel. Falschspieler spielen falsch, Bergleute sind hart arbeitende redliche Leute und ein Graf braucht für seine Lustbarkeiten stets Geld, das er bei allem Silberreichtum doch kaum aus seinen Gruben zu erscheffeln vermag. Dabei trifft die Gesamtdarstellung der Zeit schon ins Schwarze, und auch die Gestalt des geriebenen Kaufmanns Phillippus Raffer aus Augsburg verkörpert nicht schlecht den Typus der Montanunternehmer vom Schlage eines Jakob Fugger (nicht, daß der dem ähnlich sähe. . . )
Leider beschränkt sich die Zeichenkunst hier auf die Gestaltung der stets originellen Charaktere; auch den Bösewichtern haftet ein individueller Charme an. Dagegen sind Hintergrundgestaltung und Perspektive bis auf einige großformatige Bilder mit der Darstellung von Bergwerksanlagen arg vernachlässigt, und die Koloristen scheinen sich gänzlich uneins : aus den fahlen bis finsteren und unschön gesetzten Farben - purpur neben preußischblau - stechen andere wie gelb und scharlachrot ungebrochen grell hervor. Das wirkt weder atmosphärisch noch bunt.
Das letzte Kapitel, „Die Mission des Obristen von Ladestock", also Heft 53, ist inhaltlich eng mit der ersten des Folgebandes verbunden, so werden die beiden willkürlich auseinander gerissen. Geschildert werden hier physikalische Experimente des Magdeburger Bürgermeisters Otto von Guericke .
Fazit: Mosaikfreunde, denen die besagte Hefte fehlen , zu empfehlen, aber auch sie möchten nicht die Zeichenkunst und subtilere Erzählweise späterer Hefte erwarten.
Digedags 16
Band 16
Der Trick mit den Kugeln
Mosaik 54,55,58,59
derzeit nicht verfügbar
Erfindergeschichte, noch mit Brachialhumor (Rezension von nachtwindhund)
Da die erste Episode nahtlos an die letzte von Band 15 ( Die verhexten Fässer ) anknüpft und eine direkte Einheit bildet, ist nicht einzusehen, warum die Zusammenstellung nicht anders gewählt wurde. Die sich zwischendurch wieder der Weltraumserie zuwendenden Hefte hätten auch nicht störender gewirkt, sie sind in gebundener Form nicht erhältlich und müssen als Sonderedition erworben werden - schade ! Im ersten Abschnitt reisen die Digedags mit dem Magdeburger Bürgermeister Otto von Guericke auf den Reichstag von Regensburg 1654, um eine Oberhoheit Brandenburgs über die noch reichsfreie Stadt zu verhindern. Sie haben im wilden Harz einigen Ärger mit einer Räuberbande - die Digedags schnappen sich aber v. Guerickes Luftdruckgewehr, welches hier allerdings kanonengroß ist, und schlagen die wilden Gesellen in die Flucht.
Wer einmal Gelegenheit hatte, diesen Apparat in Aktion zu erleben, weiß, daß die Wirkung nur wenig übertrieben wurde. . .
Der Halbkugelversuch auf dem Reichstag ist nicht ganz historisch dargestellt - der Große Kurfürst mußte wohl als Vertreter des bösen Preußentums daherkommen und der Kaiser etwas trottelig sein. Am unvorsichtigen Hantieren des Kaisers am Apparat wird's wohl nicht gelegen haben, daß Magdeburg bald darauf brandenburgisch-preußisch wurde. . .
Am Hofe des Sonnenkönigs lernen Dig und Dag Christian Huygens und Denis Papin kennen, mit letzterem haben sie in der Folgezeit öfters zu tun. In England jagen sie den Landleuten einen gewaltigen Schrecken ein, als sie versehentlich eine fest gewordene Plumfordsuppe in Kugelgestalt über die Landschaft jagen - just , als alles auf den Halleyschen Kometen wartet !
Letztlich begleiten sie Papin nach Kassel, wo, wie bei Tom Sawyer, eine von der Decke heruntergelassene Katze nach einer Perücke angelt.
Insgesamt überwiegt in diesem Band noch noch der weniger feinsinnige Humor - meistens muß jemand etwas auf den Kopf bekommen oder etwas explodieren. . .An die Entdeckungen und Werke der stets sympathischen Erfinder wird man aber unkompliziert herangeführt - so kurzweilig kann Geschichte sein ! Die Figuren sind etwas diffiziler gestaltet als noch in Band 15, Perspektive und Hintergründe lassen allerdings noch zu wünschen übrig - von der Meisterschaft der späten Erfinderserie und der Runkelserie sind die Zeichnungen noch ein gutes Stück entfernt.
Wer die Mosaiks liebt, wird das aber diesen - noch relativ frühen - Heften nachsehen. Wer die Digedags noch nicht kennt, sollte bei Ritter Runkel oder der Amerikaserie einsteigen und kann sich dann an die früheren Bände bzw. Hefte herantasten. . .
Digedags 17
Band 17
Das Kuriositätenkabinett
Mosaik 60,63-65
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Von Kassel bis Sibirien (Rezension von nachtwindhund)
Die Digedags begleiten die Geschichte der Dampfmaschinen weiter - zunächst bei ihrem Freund Denis Papin, der zum Hofingenieur in Kassel bestallt wurde. Allerdings hat er auch jetzt nur Pech .Als der Landgraf bei der Inbetriebnahme der neuen Wasserkunst von den Wassermassen weggespült wird, ist für ihn das Maß voll- er entläßt seinen Ingenieur. Der will sein Glück in England versuchen , doch wird sein Schaufelradschiff bereits in Minden von bornierten Schifferknechten zerschlagen.
Die Digedags wollen ihm helfen und bringen einen Brief von ihm nach London zur Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften. Dort unterstützen sie den nicht auf die feine englische Art agierenden Dampfpumpenerfinder Savery, wobei sie einen unschuldigen Bediensteten, den armen Mr. Hicks, ständig foppen.
In Dartmouth lernen sie Thomas Newcomen kennen,den dortigen Schmied, der einem erbosten Edelmann schon mal die Klinge vom Degen abzwackt. Er hat ebenfalls eine Dampfmaschine erfunden und braucht nun Geldgeber für die weitere Produktion. Dig und Dag versuchen auf eigene Faust, ihm zu Geld zu verhelfen, landen aber nur Pleiten. . . Trotz aller Ränke des nun kurzdegigen Lord Hallibaxton findet sich aber schließlich ein Investor. Die nun reichlich hergestellten Newcomenschen Dampfmaschinen bewähren sich so gut, daß selbst eine nach Rußland exportiert wird. Die Digedags sind mit von der Partie und reisen schließlich mit dem Kurier der Zarin bis nach Sibirien.
Auch wenn der Erzählfluß nun nicht durch die Geschichte von der Landung auf dem Planet der Echsen unterbrochen wird - die gehört zur Weltraumserie- so ist das Auslassen von Heften auch keine schöne Sache - es wäre erfreulicher gewesen, wenn die Hefte in der Originalreihenfolge gebunden worden wären. Zudem ist nicht einzusehen, warum die Kapiteleinleitungen von Hannes Hegen neu und etwas dürftig gezeichnet wurden - die originalen Deckblätter hätten besser gepaßt.
Für diese kleinen Mißlichkeiten einen Punkt Abzug.
Ansonsten - Digedags-Niveau !
Digedags 18
Band 18
Eine Torte für Lord Groggy
Mosaik 68-71
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Sklavenhändler, Rotröcke und ein naschhafter Hund (Rezension von nachtwindhund)
Aus Rußland zurückgekehrt, werden die Digedags in Glasgow zur Marine gepreßt - auf ein Sklavenschiff mit ein paar sehr rauhbeinigen Teerjacken. Die wollen auch noch den Universitätsmechanikus shanghaien, als dieser astronomische Instrumente von Bord holen soll - wie es sich herausstellt, handelt es sich um niemanden anderes als James Watt. Durch ein verzwicktes Manöver der Digedags gelangen die drei Gepreßten wieder von Bord, wobei das Schiff ein wenig lädiert wird. . .
Die Sklavenhändler schwören Vergeltung. . .
Wie die Digedags erreichen, daß diese letzten Endes auf ihr eigenes Schiff gepreßt werden, wie sie einen Gardefüsilier völlig außer Fassung bringen, um eine Kanone zu mausen, die als Zylinder für Watts neue Dampfmaschine dienen soll und wie Lord Groggy vom Nutzen einer solchen überzeugt wird, das sei selbst nachgelesen.
Die Erzählung löst sich nun mehr und mehr von der Geschichte der Dampfmaschinen, auch wenn diese weiter als Gerüst dient; die einzelnen Episoden gewinnen an Originalität.
Auch zeichnerisch gewinnen die Hefte nun, die Perspektive insbesondere bei größeren Ansichten verbessert sich - vollständige Sicherheit diesbezüglich erreicht das Hegensche Kollektiv in den Heften mit den Berliner Abenteuern der Digedags - mit der Erfindung der Pickelhaube u.a.
Erfreulich auch, daß für jeden Kapitelbeginn nun die alten Deckblätter herangezogen und nicht wie in den vorigen Bänden etwas schludrig nachgezeichnet worden sind.
Für Mosaikfreunde, die an die enthaltenen Originalhefte nicht herankommen, ein sehr gutes Surrogat.
Digedags 19
Band 19
Die verschwundene Dampfmaschine
Mosaik 74-77
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Froschgrünsaure Hutzelweibelkraxenpurzelbaumtinktur (Rezension von nachtwindhund)
Es mag obiges Wortungetüm Beispiel für die überschäumende Fabulierlust sein, die Hannes Hegen und das Mosaikkollektiv beim Gestalten der Erfinderserie immer wieder überkam, bei aller Liebe zum Historischen!
Wieder einmal sind die Digedags mit einer Dampfmaschine in der Welt unterwegs, diesmal, wir schreiben bereits das Jahr 1819, nach Peru. Sie soll dort in einer Silbermine eingesetzt werden. Korrupte spanische Beamte und Offiziere mit klangvollen Namen beherrschen das Land, Namen so lang wie die Schärpen, die sie sich pittoresk um den Leib winden. Untereinander sind sie sich nicht sehr grün, und jeder giert nur nach dem einträchtigen Posten de Vizekönigs. Der gerade amtierende schickt eine stattliche Eskorte mit der kostbaren Maschine ins Hochland. Kaum ist seine Residenz von Soldaten entblößt, da wird er just an seinem Geburtstag von seinem Kontrahenten gestürzt ; dem bleibt allerdings nur kurze Zeit , die neugewonnene Macht zu genießen, denn seines Vorgängers Adjudant, und hier sei einmal die Nennung seines Namens gestattet, es ist der Marchese Alonso Gomez y Saladas Mayonese di Caputo Lamentos, eilt mit den Truppen zurück und macht sich selbst zum Vizekönig.
Allein gelassen, müssen sich die Digedags um die Maschine kümmern. . Und es spielt sich noch so allerlei im Hochland ab. . .
Im dritten Kapitel geht es auf dem Pagodenfest des hochverschuldeten holländischen Mijnheer Pepperkorn hoch her.
Mit dem letzten ihm verbliebenen Pfeffersack begibt er sich schließlich mit unseren Helden nach Nürnberg, um dort mit Pfefferkuchen sein Geld zu machen.
Die Zeichnungen schwelgen im Glanz der südamerikanischen Phantasieuniformen, der südostasiatischen Kostüme des holländischen Kolonialvereins oder einer spitzwegschen Biedermeierkleinstadt - es ist nun eine Sicherheit der Perspektive und der Figurinengestaltung erreicht, von der es bis zur Dynamik und Farbenpracht der Ritter-Runkel-Serie nur noch ein Schritt ist. Zunehmend werden imposante und detailverliebte Panoramabilder über eine Doppelseite eingebaut, unter denen, auch das eine Neuerung, limerickartiger Begleittext steht, so hebt der im ersten Teil an :
Blauer Himmel über Lima-
was nicht selten bei dem Klima -
unterhalb das Volk, das drängt,
weil es sich zu Mengen mengt,
und die Stimmung ist noch prima.
Eigenwillige Wege der Comic-Kunst mit Anklängen an Wilhelm Busch, wie sie die westlichen - frankobelgische oder amerikanische - Magazine schwerlich kannten. Mindestens der Verzicht auf Sprechblasen, der solche Panoramabilder erst möglich machte - auch der bildgewaltige Tardi verwendet sie in einem solchen Fall nur sehr, sehr sparsam- , ist meiner Meinung nach bildkünstlerisch ein echte Verbesserung, auch wenn er leider fast gänzlich wieder in der Versenkung verschwunden ist.
Und was hat es nun mit der froschgrünsauren Hutzelweibelkraxenpurzelbaumtinktur auf sich? Ein erzürnter Apothekergehilfe will sich an den Digedags wegen vermeintlicher Beleidigung seiner Braut rächen und ihnen eine ordentliche Ladung von der Brühe verpassen, besudelt aber statt dessen eine Wache am Stadttor und wandert dafür ins Loch : "Einen Kölner Stadtsoldaten bespritzt man nicht ungestraft mit purzelbaumgrüner Hutzelfroschkraxenweibelsäure !"
Digedags 20
Band 20
Die Pickelhaube
Mosaik 78-81
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Aujust, du hast ja 'n Pickel off'n Koppe ! (Rezension von nachtwindhund)
Lange, lange bevor Asterix hessisch zu babbele und Onkel Dagobert Schwäbisch zu schwätze anfingen, gaben sich bei den Digedags österreichische, sächsische und preußische Landsleute in unverfälschtem Idiom ein Stelldichein.Allerdings blieben diese Darstellungen von ostdeutscher „Dialektik" und provinz-donaumonarchischem Schmäh leider auf die späte Erfinderserie beschränkt und somit Episode.
Eigentlich hatte Anfang der 60er das Mosaikkollektiv Erfindungen, die auf dem Boden der späteren DDR gemacht wurden und dem historischen Fortschritt dienten, darstellen sollen. Ein Wunder, daß die sozialistischen Zensoren die Erfindung der Pickelhaube, Symbol preußischen Ungeistes, als Thema durchgehen ließen. . . Eher fügten sich da Andreas Schuberts erstes Elbdampfschiff oder Borsigs erste genuin deutsche Lokomotive ein - mit diesen Episoden klingt die Geschichte der Dampfmaschinen, die die Digedags begleitet hatten, aus.
1. Zunächst treiben sich Dig und Dag im alten Prag herum und lassen den Golem wiederauferstehen. Alsdann schicken sie sich an, einen wegen Majestätsbeleidigung auf der Festung Königstein einsitzenden sächsischen Hoftheater-Schauspieler zu befreien; bekanntlich galt dieses Staatsgefängnis als absolut ausbruchssicher, so daß der Kommandant kein Risiko einzugehen vermeint, als er mit den Digedags eine Wette über die Befreiungsaktion abschließt. Wettzeuge ist der Geenich :"Weeß Kneppchen, des is kihn ! Abor's is genähmicht, Gommandant."
In Berlin seßhaft geworden, erfindet Dig den Vorläufer der Pickelhaube, den Pickeltschako, und beide initiieren eine Wettfahrt zwischen einer englischen und einer deutschen Lokomotive. Wieder einmal schwelgen die Zeichnungen im Glanz historischer Kostüme und Uniformen, zeigen großformatige Panoramen herrliche Stadt- und Landschaftsansichten wie vom Königstein aus dem Elbtal oder von der Prachtstraße Unter den Linden. Mit der größten Selbstverständlichkeit unterhalten sich unsere beiden Helden mit historischen Persönlichkeiten wie August Borsig und Fürst Pückler, gelangen mit Witz und Verstand in geheimgehaltene Lokomotivschmieden oder zu Karten für den exclusiven Hofball. Schließlich lassen sie sich sogar mit einer schlagfertigen Berliner Marktfrau ein. „Haben Sie frische Eier, gute Frau ?" „Nee, meine Hühner lejen bloß janz uralte."
Meiner Meinung nach gehören die Geschichten der späten Erfinderserie zu den besten der Digedags-Mosaiks.
Digedags 21
Band 21
Das Feuerwerk
Mosaik 82-85
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Jelesen wird nich. Majestät dajejen. (Rezension von nachtwindhund)
Baden war im Berlin der Biedermeierzeit recht problematisch, was die Digedags am eigenen Leib zu spüren bekommen : die einzige Badewanne Berlins ( in Hotelbesitz) wird vom selbst wannenlosen König Friedrich Wilhelm ausgeborgt, die Badestuben sind kaum Tempel der Reinlichkeit zu nennen und Plantschen in stehenden und fließenden Gewässern zählt als öffentliche Ärgernis. Dig und Dag machen sich als Badestubenbesitzer selbständig, was ihnen nicht nur viel Zulauf, sondern auch Ärger mit allerhöchsten Stellen einbringt. . . Vom österreichischen Oberst Meinrath lassen sie sich zum Ausspionieren der preußischen Zitadelle in Magdeburg einspannen und begegnen dort Werner Siemens, der im Arrest elektrische Versuche macht. Daß ihm seine vorzeitige Entlassung aus der Haft gar nicht behagt, ist historisch bezeugt.
Auch als Reporter der Vossischen Zeitung begegnen Dig und Dag historischen Personen : der Kriegsminister, den sie interviewen , ist Hermann v. Boyen, der Militärreformer der Befreiungskriege, der im Alter nochmals in diese Stellung berufen ward und das Zündnadelgewehr in die preußische Armee einführte. Allerdings bleibt sein Name ungenannt - Tiefstapelei des Mosaikteams, das historische Personen locker darzustellen und ungezwungen in die Bilderwelt des Mosaik einzubringen weiß.
Mit Major v. Treskow betritt der Prototyp des bornierten preußischen Offiziers die Bühne und bleibt uns bis weit in den nächsten Band erhalten - sein Reden in Halbsätzen beschreibt nur den sich selbst karikierenden Typus des Junkers. „Haben sich revolutionärer Umtriebe schuldich jemacht. Daher jede Handlung verdächtich."
Die letzte Geschichte gehört inhaltlich eindeutig zur U-Boot-Serie, die den Band „Der Seehund" ausmacht, dort wäre sie besser aufgehoben gewesen. Dabei spielt Wilhelm Bauer, der Erfinder des „Brandtauchers", des ersten deutschen U-Boots, eine wichtige Rolle.
Die liebevoll genau gestalteten Zeichnungen und die Geschichten um die beiden Digedags lassen nichts zu wünschen übrig. Die Erzählung streift nicht nur hie und da historische Begebenheiten und Personen, sondern taucht mit ihrer Atmosphäre tief in die Biedermeierzeit ein und bleibt doch locker geplauderte Bildergeschichte. Besonders prächtig anzuschauen sind die Panoramabilder - mag es sich dabei um den Stralauer Fischzug oder den Berliner Thiergarten handeln - die durch Verse von Lothar Dräger kommentiert werden und die erst durch den Verzicht auf Sprechblasen richtig zur Geltung kommen. Schade, daß dies von andern Comics kaum aufgegriffen wurde.
Neben der in epischer Breite daherkommenden Ritter-Runkel-Serie, deren Vorzüge die Kontinuität der Erzählung und die phantasievollen Illustrationen sind, gehören die letzten drei Sammelbände der Erfinderserie ( Pickelhaube, Feuerwerk und Seehund ) zum Besten, was Hannes Hegen und das Mosaikkollektiv hervorgebracht haben. Selbst die abenteuerlich-mitreißende Amerikaserie erreicht nicht mehr ganz deren zeichnerisch hervorragendes Niveau.
Sollte weita jekooft und jelesen werden - allahöchstet Vajnüjen jewiß !
Digedags 22
Band 22
Der eiserne Seehund
Mosaik 86-89
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Wahrheit und Dichtung (Rezension von nachtwindhund)
Statt mit der Geschichte des Mosaiks 85 ( "Der schwarze Wal vom Fehmarnsund"), die im Sammelband "Das Feuerwerk" auftaucht und die Erzählung über das erste deutsche U-Boot einleitet - nichts anderes ist der Eiserne Seehund - startet das Buch mit dem "Eskimoklub", also Mosaik 86. Es folgen "In Triest verschollen", "Die Türken in Venedig" und "Der Schatz der Armada".
Die Digedags erleben den Stapellauf des vom bayrischen Korporal Wilhelm Bauer erfundenen Brandtauchers - so heißt das Boot, "weil's feindliche Schiffe hat in Brand setzen solln" - im Dezember 1850 in Kiel. Allerlei Spionage und Gegenspionage spielt sich ab, denn den Dänen ist das unheimliche Ding ein Dorn im Auge, und beim Auskundschaften bleibt es nicht. . .
Die historische erste Tauchfahrt vom Februar 1851 wird nahezu minutiös beschrieben. Bauers Schuld war der Wassereinbruch nicht: tatsächlich war beim Bau erheblich an Material und Konstruktion eingespart worden. Die weiteren Wege Bauers durch Europa, um seine Erfindung erneut bauen zu lassen, werden von den Digedags begleitet. Und nicht nur von ihnen. . . "Siehst du die vielen betont unauffällig gekleideten Männer, Dag? Das sind lauter Geheimdienstleute."
Den damaligen stramm sozialistischen Zensoren des Mosaik - die betreffenden Hefte erschienen 1964 - konnten solche Anspielungen natürlich wenig zusagen. Schon der placetvergebende Kader - das Mosaik wurde offiziell von der Pionierorganisation herausgegeben - hatte bei der Vorlage der Kurzkonzeptionen ein harsches Wort gesprochen: "Die U-Boot-Serie ist nicht besonders gut überlegt" und auf deren vorzeitige Beendigung gedrungen. Dadurch wird nicht mehr von Bauers zweitem U-Boot, dem in St.Petersburg gefertigten und erfolgreicherem "Seeteufel" berichtet.
Die anschließende Ritter-Runkel-Serie begann somit zwei Hefte eher als geplant.
Das Mosaikkollektiv unter Hannes Hegen beweist einmal mehr hohes zeichnerisches Können; mit der eigentlichen Geschichte des Brandtauchers wird Erfindergeschichte so wirklichkeitsgetreu wie nur möglich geschrieben und direkt zum Hauptthema der Erzählung. In der zweiten Hälfte kommt die Phantasie wieder stärker ins Spiel, die manchmal sogar etwas überbordet ( ein Leonardo-da-Vinci-Verkörperer bei einem verdrehten Möchtegern-Dogen in Venedig. . .). Schade nur, daß der U-Boot-Reihe das richtige Ende nicht vergönnt war.
Wer sich noch mehr für den Brandtaucher interessiert, findet das 1887 wieder geborgene gute Stück im Militärhistorischen Museum in Dresden, das Modell im Deutschen Museum München.