Jürgen Günther

Selbstporträt 1973 Jürgen Günther (Jahrgang 1938), verdiente sich in den 50er Jahren seine Sporen zunächst beim Dresdner Trickfilmstudio, bevor seine ersten kleinen, noch deutlich davon beeinflussten Comics in Atze auftauchten. Daraufhin wurde man bei der FRÖSI auf ihn aufmerksam und betraute ihn durch die 60er Jahre hindurch mit Auftragsarbeiten, die meist in der Bildgeschichten-Umsetzung bekannter literarischer Stoffe bestand.

Nach einer den politischen Bedingungen bei der FRÖSI geschuldeten mehrjährigen Pause, in der er zum Beispiel für Zeitschriften wie die FREIE WELT, das sorbische Blatt PLOMJO, Auslandszeitschriften sowie später für die NBI Bildgeschichten anfertigte, schuf er 1974 den grünen Affen Otto für die FRÖSI, der sein größter Erfolg und Markenzeichen werden sollte. Mehr dazu auf der entsprechenden Unterseite.

Nach der Wende blieb der Künstler ausgesprochen aktiv. Bis 2008 zeichnete er monatlich auf der Kinderseite der Sächsischen Zeitung den Löwen Kasi, inzwischen gibt es davon mehrere hundert Folgen. Etwa 300 Folgen existieren von der Serie Ed & Eddy, die ebenfalls nach der Wende für die Berliner Zeitung entstanden war. Auch Otto und Alwin kamen zurück, zunächst auf den Seiten der wiederbelebten FRÖSI, später in umfangreichen Neuauflagen seiner Geschichten in einer eigenen Editionsreihe des Holzhof Verlages.

Ein ausführliches mehrteiliges Porträt über Jürgen Günther erschien ab Herbst 2005 im Dresdner Mosaik-Fanzine mosa.X und anschließend in Auszügen auf der Presse-Seite.


Foto (c) Guido Weißhahn Zum 75. Geburtstag des Künstlers widmete ihm der Holzhof Verlag einen Jubiläumsband mit Hommage-Beiträgen von 28 Künstlern, Freunden, Weggefährten und Fans. Hier ein Bild von der nachträglichen Übergabe des Bandes im neuen Atelier des Künstlerehepaars Herta und Jürgen Günther.

Nach kurzer schwerer Krankheit verstarb Jürgen Günther am 30. Mai 2015 in Dresden.


Nachruf

Jürgen Günther "Du kannst Jürgen zu mir sagen." - Allein in diesen wenigen Worten liegt eine Art von tiefer Menschlichkeit und ehrlicher Herzlichkeit, wie sie nur sehr wenigen Leuten zu eigen ist. Jürgen Günther gehörte zu diesen Menschen.
In einer Zeit, da die Medienlandschaft in einem Teil Deutschlands geprägt war von staatlichen Ressentiments und ideologischer Bevormundung, fand er einen Weg, den Kleinsten einen Ort zu offenbaren, der frei war von totalitären Reglementierungen und autoritärem Klassenkampf: die menschliche Imagination. Seine Bildgeschichten entführten uns Kinder in eine Welt voller Spannung, Spaß und unbeschwerter Abenteuer. Seine ausgeklügelten Rätselburgen weckten in uns Ehrgeiz und Zielstrebigkeit. Seine farbenfrohen Weihnachtskalender und Bastelbögen ließen nichts zu wünschen übrig, außer dass er nie aufhören möge, sie für uns zu erfinden und zu Papier zu bringen. Jürgens Arbeiten spiegelten die Menschlichkeit, die Wärme und die Herzlichkeit seines Wesens wider, und so färbten sie irgendwie auf alle Kinder ab.
Doch Zeiten ändern sich. Aus Bildgeschichten werden Comics, aus Kindern Leute und aus Kinderzeitschriften Altpapier. Manchmal ändern sich die Zeiten dermaßen grundlegend, dass fast nichts mehr ist wie früher, dass man sich ehrlich freut, in all dem Neuen ein wenig Altbekanntes wiederzufinden, und dass Altpapier zur Obsession des Sammlers wird. Aber ab und zu überdauert etwas unbeschadet den Wandel der Zeiten. So ist es mit Jürgens Werk. Es gibt viele Leute, die sich anschicken, es neu für sich zu entdecken. Etliche erinnern sich damit an die schönen Zeiten ihrer Kindheit und Jugend. Und manch einer misst seine eigene Arbeit mit Jürgens Schaffen, das noch lange nach jeglicher Wende munter weiterging.
Den Mann kennenzulernen, der sich hinter dem Namen auf den bunten Bildern aus der Vergangenheit und der Gegenwart verbarg, war ein Erlebnis. Ihn seinen Freund nennen zu dürfen, eine Ehre. Und mit ihm bei Wein mit Brot und Käse zu fachsimpeln, ein Privileg, das niemand jemals missen will. Wir Jungspunde freuten uns, mit einem Mann seines Formats zusammen sein zu können. Jürgen genoss es ohne Zweifel, dass seine Arbeit von gestern und heute offensichtlich so reiche Ernte trug.
Leider ist die Zeit unerbittlich. Sie zehrt und zerrt an allem und jedem. Und plötzlich kommt, oft unvermittelt, der eine Tag, an dem alle Zeit, die man hat, unwiederbringlich verronnen ist. Denn die Zeit schert sich nicht um Pläne und Vorhaben, um neue Ideen und Projekte.
"Du kannst Jürgen zu mir sagen." - Ein einfacher, schnörkelloser Satz, und doch angefüllt mit einer Vielzahl von Erinnerungen an einen Mann, der es verstand, anderen Menschen unzählige Stunden des Frohsinns und der Freude zu bereiten.

Mit tiefer Trauer und Anteilnahme nehmen wir Abschied von unserem Freund und Kollegen, Wegbereiter und Mentor Jürgen Günther, der seinen letzten Weg gegangen ist.

Mach's gut, Jürgen. Wir werden dich nie vergessen. Und ein kleines Stückchen von dir wird immer bei uns sein. Denn sind wir nicht alle ein bisschen Otto und Alwin?

Dirk Seliger
im Namen der Freunde und Kollegen