Comics in "Unser Klub"

Auf abenteuerliche Weise, nämlich im Keller eines unsanierten Hauses auf dem Gelände einer alten Fabrik in einem Dorf in der Oberlausitz, stieß ich auf einen fast unbrauchbren Fetzen Papier: Es handelt sich um eine Ausgabe des Blättchens "Unser Klub", Mitteilungsblatt zur Entwicklung des geistig-kulturellen Lebens im Bezirk Dresden / Hrsg.: Bezirkskabinett für Kulturarbeit. Auf glänzendem Papier gedruckt, lässt es sich nicht einmal mahr öffnen, ohne dabei zerstört zu werden.

Eine Recherche bei der DNB brachte zutage, dass diese Zeitschrift zwischen 1961 und 1977 in Dresden erschien, ähnliche Blätter aus anderen DDR-Bezirken gab es offenbar ebenfalls.

Das eigentlich Sensationelle ist jedoch, dass selbst an diesem abwegigen Ort ein Comic zu finden ist: Fritz und Kläre. Es handelt sich um meist vierbildrige, mit gereimten Texten versehene Episoden um zwei junge Leute, die sich um lokale Fragen des Klublebens und der aktuellen innenpolitischen Themen ranken.

Vom ersten Heft an (11/60) bis 10/62 erschienen insgesamt 23 Folgen, davon eine in einer Sonderausgabe für den Dresdner Osten. Die genaue Heftzuordnung steht in der vollständigen Online-Version.

Die Ergebnisse der erste ausführlichen Recherche finden sich in einem vierseitigen Beitrag über die Serie in mosa.x 12, allerdings noch ohne Informationen über Autor und Zeichner.

Mittlerweile gibt es Aufschluss über die Macher der Serie. Die Zeichnungen stammen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von Erhard Wenzel (1926-2003). Wenzel war zwischen 1946 und 1965 Zeichner der politischen Karikatur auf Seite 2 der SZ. Der vielseitige Künstler konnte mühelos zwischen realistisch gezeichneten Propaganda-Motiven und cartoonhaften Darstellungen wechseln. Er schuf zwischen September 1953 und November 1960 über 270 Folgen der Comic-Strip-Serie "Jede Woche Pit und Bolle" für die Sächsische Zeitung.

Als Autor der gereimten Unterzeilen verzeichnet die SZ einen Herrn namens Ulrich Pohle. Pohle war in den 1950er Jahren einer der Texter des Dresdner Kabaretts "Herkuleskeulchen" und nach ihrer Gründung 1960 auch der Herkuleskeule. Daneben gab er für den Sachsenverlag eine Buchreihe namens "Unsere schöne Heimat" heraus, Bildbände von Landschaften und Sehenswürdigkeiten. Mit "Pitt und Bolle" sind Zeichner Wenzel und Autor Pohle gemeint, während die Figuren des Strips zunächst wechselten (Balduin; Vater Schmidt), bereits nach kurzer Zeit aber zwei einander ähnlichen Gestalten namens Pitt und Bolle Platz machten.

Fügt man die Puzzleteile zusammen, könnten beide ihre siebenjährige Zusammenarbeit im November 1960 nahtlos in "Fritz und Kläre" auf den Seiten von "Unser Klub" fortgesetzt haben. Pohles letztes Buch als Herausgeber erschien 1962, und da bereits Pitt und Bolle 1959 wegen einer anhaltenden Erkrankung des Autors längere Zeit pausieren mussten, könnte das abrupte Ende von Fritz und Kläre ebenfalls diesem Umstand geschuldet sein. Aber dazu wird weiter recherchiert.