Berliner Mosaik Connection

Die Digedags im Orient

Nachdem der neue Rechteinhaber festgestellt hatte, dass die alte Mosaikserie auch in einer handlichen Volksausgabe eine tolle Geldkuh ist, setzte man den Nachdruck zunächst mit dem noch verbleibenden längeren Erzählzyklus fort, und zwar mit einem Drittel weniger Seiten (nur noch vier statt sechs Hefte pro Buch) und mit 13 Euro deutlich teurer. So kommt es, dass die eigentlich am Ende des Digedag-Erzählzyklus stehende Orient-Serie mit der Numerierung 11 bis 13 an die Amerika-Serie anschließt, obwohl die nachfolgenden fortsetzend nummerierten Bände der Erfinderserie aus wesentlich älteren Heften bestehen.

Digedags 11
Band 11
Die Digedags im Orient
Mosaik 212-215
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Matter Abglanz (Rezension von nachtwindhund)
Der Abschied der Digedags und das Ende der alten Mosaikreihe dauerte ein Jahr - 12 Hefte lang. Das Ausscheiden Hannes Hegens aus dem Mosaikkollektiv als seinem spiritus rector war anderthalb Jahre vor dem Aus der Digedags beschlossene Sache, so bemühte man bis zum Übergang zum neuen Mosaik mit den erst noch zu erschaffenden Abrafaxen Reminiszenzen der Digedags an ihre ersten Abenteuer - da sahen sie noch recht krude aus.
Vom Charme und der Fabulierkunst der Ritter-Runkel-Geschichte, von der historisch fundierten Westernromantik der Amerikaserie, von den wissenschaftlichen Anklängen der Geschichte der Dampfmaschinen, von all dem ist die Orientreihe meilenweit entfernt.
Schon zeichnerisch ist angedeutet, wie wenig ambitioniert man nun vorgeht: die Hintergrundgestaltung, einst meist mit viel Liebe zum - historisch korrekten - Detail erarbeitet, ist nun im besten Fall einer stark vereinfachten, oft sogar konturlos-flauen Darstellung gewichen. Nach Jahren des Verzichts auf Sprechblasen tauchen diese nun wieder auf, sind aber immerhin wieder wie Untertitel unter den Panels angeordnet und beeinträchtigen die Bilder nicht. Die Figurendarstellung, die ja nun ein hohes Niveau erreicht hat, leidet etwas unter der Stereotypie der Gestalten.
Noch stärker enttäuscht die erzählerische Leistung - die Digedags handeln nicht mehr wie ehedem durch Interaktion auch untereinander, sondern wie ein dreiköpfiges Wesen, die andern Figurinen sind flach und stereotyp : raffgieriger Schatzmeister, grobe und tumbe Schergen. . .
Die Einleitung, wie der Sultan sich als Bettler verkleidet unters Volk mischt, ist Wiederholung der Geschichte um den römischen Kaiser Celsius aus Heft 19 ( "Die Siegesfeier" ). Zu bemerken ist ein zunehmender Hang zu Kalauern ( der in schwarze Farbe getunkte Büttel klagt seinem Kollegen : "Oh Ibrahim, dies ist das dunkelste Erlebnis meiner Laufbahn", dieser erwidert "Du siehst zu schwarz, Achmed" ), die noch am erfrischendsten wirkten, wenn sie nicht bis zum Überdruß ausgereizt werden würden. In den ersten Heften mit den Abrafaxen setzt sich diese Neigung zum Ulk fort, wirkt dort aber weniger bemüht und deplaziert.
Fazit: dieser Band läutet den traurigen Abgang der Digedags ein, den sie so sicher nicht verdient haben. Die beste Comicreihe der DDR - und mehr als das - ist zuletzt noch ein matter Abglanz ihrer besten Zeiten.
Digedags 2
Band 12
Fliegende Teppiche
Mosaik 216-219
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Trauriger Klamauk (Rezension von nachtwindhund)
Wie bei allen drei Bänden der Orientserie der Digedags ist vom ursprünglichen Mosaik-Charme nicht mehr viel zu spüren. Inhaltlich wie zeichnerisch können die letzten Mosaiks nicht mehr begeistern. Wiewohl Hannes Hegen 1973 und 1974, als diese Hefte erschienen, noch dem Mosaikkollektiv angehörte - sein Austritt für 1975 war bereits beschlossen - ist ein richtiger Handlungsfaden nicht mehr zu erkennen, die Geschichten erschöpfen sich in Klamauk und zum teil fadem Wortwitz. Die drei Protagonisten wirken irgendwie sehr blaß, die scheinbar lockeren Sprüche passen nicht zu den früher ausgeformten Charakteren. Die Zeichnungen wirken wie hastig hingeworfen, teilweise nachgerade schludrig. Die Idee mit den fliegenden Teppichen ist zwar originell, verpufft aber vollständig im groben Slapstickhumor. Was hätte sich daraus alles in der Erfinder- oder der Ritter-Runkel-Serie entwickeln lassen !
Fazit: wer die Digedags mag, sollte sich an die vorigen Serien halten!
Digedags 13
Band 13
Die schöne Fatima
Mosaik 220-223
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Das Ende (Rezension von nachtwindhund)
Mit der Flucht der schönen Fatima und ihrer Verfolgung durch den Schatzmeister des Sultans und andere finstere Gestalten besitzt der letzte Band der Orientreihe noch einmal einen - allerdings dünnen - roten Faden. Dennoch wirkt die Handlung nicht überzeugend, eher wie schnell erfunden und schludrig umgesetzt. Die Geschichte des griechischen Befreiungskampfes von der türkischen Fremdherrschaft ist hier nur Staffage, und kaum einer der Charaktere hat wirklich Eigenleben. Eher sind es Stereotype.
Die letzten Seiten wirken, als wollte das Mosaikkollektiv nur noch schnell zu einem kurzen - und gnädigen ? - Ende kommen ; die Digedags verschwinden letztendlich in der Fata Morgana einer Märchenstadt. Die letzten 12 Hefte lang hatten sie nur noch ein Schattendasein geführt. Da Hannes Hegen alle Rechte an den Digedags hatte und das Mosaikkollektiv Mitte 1975 verließ, wurde die Einführung neuer Protagonisten - der Abrafaxe - notwendig. Zwischen dem Ende der Orientserie und deren erstmaligem Auftreten im Januar 1976 wurde als Verlegenheitslösung die Runkel-Reihe noch einmal aufgelegt, nach sechs Heften aber ebenso plötzlich wieder abgebrochen. Daß Dig, Dag und Digedag dennoch nicht aus dem Gedächtnis schwanden , beweisen eine Unmenge an Fanzines der letzten Jahre und die Beliebtheit der erneut in Buchform publizierten alten Mosaiks. Sie sind auch - bis auf die letzten drei, nämlich die Orientserie - durchweg zu empfehlen.